Mein Gott, Gottlieb! AUFHÖREN!

Ich liebe den flotten Spruch: Lieber Scheiße flott vorgetragen, als Kluges gestottert. Wenn aber Scheiße gestottert wird, dann kann man ziemlich sicher sein, dass man den Sigmund Gottlieb auf dem Bildschirm hat. Ich war gespannt, was Erdogan so zu sagen hatte. Aber womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass Sigmund Gottlieb dieses Interview buchstäblich versemmelt. Was die Huffington Post mal vor zwei Jahren über ihn geschrieben hatte, war sehr wohlwollend: Das ist Sigmund Gottlieb – der schwärzeste Journalist Deutschlands. Aber es war falsch: Wieso Journalist? Man bezeichnet auch nicht jemanden, der kein Brot backen kann als Bäcker. Wenn ich mir vorstelle, dass diese Konifere als Honorarprofessor auf den journalistischen Nachwuchs losgelassen wird, dann wundert einem der Zustand unserer Medien nicht mehr. Liebe Studenten in der Ostbayerische Technischen Hochschule Amberg-Weiden – ich fühle mit Euch! Die taz ruft Gottlieb, bewahre.

Da fliegt – sozusagen (sein Lieblingswort) – dieser atmende Mikrofonständer (SZ) nach Ankara – bestimmt nicht in der Holzklasse – und stellt Fragen, die jeder Schülerzeitungsredakteur besser formuliert und in klarem Deutsch vorgetragen hätte. Der hätte sich vorbereitet und strukturiert gefragt. Gottlieb haspelt dazu noch in einem Stil, mit dem der deutsche Urlauber versucht, einem nicht deutschsprechenden türkischen Kellner beizubringen, dass er sein Bier nicht so kalt haben will, oder noch besser – da stimmt auch der Dialekt – der Stil, mit dem Polt mit Ausländern redet.

So kann dieses Interview in jeder Journalistenschule als Beispiel dienen, wie man es nicht machen sollte. Die ard hat uns an den Abgrund des Journalismus geführt.

Beispiel: „Herr Präsident, bleiben Sie ein verlässlicher Partner, oder könnte es Entwicklungen geben, wo Sie sagen, das überlege ich mir?“ Oder das penetrante: „Sie müssen versteh’n! …“ Der Erdogan war sehr höflich und souverän und hat den so was von abgebügelt, dass man sich schon fremdgeschämt hat.

Bei diesem Premiumjournalisten habe ich mich an den fliegenden Frosch von Wilhelm Busch erinnert: „Wenn einer der mit Mühe kaum, …

Peinlich, peinlich.

Wer diesen Titan des Journalismus googelt, der findet kaum lobende Wort – außer vielleicht von den Organen seiner Partei.

Auch wenn ich Euch die Zeit stehle. Flitscht wenigstens mal da rein, damit Ihr seht, wie schlimm es um den deutschen Journalismus steht. Ich nehme an, dass ich nicht der einzige bin, der dieses Interview als unterirdisch empfindet. Ich werde die Links – nach Entdeckung hier einstellen. Es gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer: Altersbedingt scheidet er am 31. März 2017 aus. Da er ja auch meint, ohne ihn ginge nichts, werden wir ihn auch anschließend in irgendeiner Form genießen. Er hat bestimmt das dazu notwendige Netzwerk. Den besten Satz fand ich bei Twitter: „Erdogan empfängt Sigmund Gottlieb und lässt ihn wieder frei? Jetzt geht er endgültig zu weit.“ Wenn man so ein Interview mit einem schon umstrittenen Staatspräsidenten macht, dann sollte man einen nehmen, der das auch kann, oder hat nach der Hackordnung der ard der Zugriff, der die besserbezahlte Stellung hat?


Huffington Post: „Dauerwahlwerbung“: Heftige Kritik an ARD wegen demütigem Erdogan-Interview

WAZ: ARD-Mann Gottlieb packt Präsident Recep Tayyip Erdogan in Watte

Meedia: Harsche Reaktionen auf Erdogan-Interview von BR-Chef Gottlieb: „Die ARD hätte besser einen richtigen Journalisten geschickt“

Horizont: Erdogan-Interview von Sigmund Gottlieb sorgt für Häme im Netz

BILD: Twitter-Klatsche für BR-Chefredakteur

SZ: Stichwortgeber am Hof von Sultan Erdoğan

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14 Antworten zu Mein Gott, Gottlieb! AUFHÖREN!

  1. Heinz Raschein sagt:

    Lieber Altermann

    Haben nicht schon die „Vorgänger“ Gottliebs, nämlich Schönenborn (mit Wladimir Putin) und Kleber (mit Ahmadinedschad) ihre Ausland-Interviews versemmelt? Oder trügt mich da die Erinnerung?

    Vielleicht hülfe es, wenn Ihr die Auslandsgäste einlüdet, anstatt ihnen nachzureisen?

    Liebe Grüsse und Dank für einen weiteren guten Artikel!
    Heinz

  2. Nachdenker sagt:

    Warum schickt man da überhaupt jemanden zum Interview hin? Wenn jemand glaubt, dass die gestellten Fragen vorher nicht abgesprochen und von unseren Politkaspern genehmigt waren, der glaubt auch den Rest der MSM. Deutschland macht sich immer mehr zum Kasper der Welt. Man wundert sich schon im Ausland über die allgemeine Berichterstattung in unserem Land und warum die Menschen sich noch so ruhig verhalten, bei dem, was ihnen angetan wird. Erdogahn kostet das ein müdes Arschrunzeln. In null Komma nix hat der hier seine AKP Anhänger mobilisiert und das sind nicht gerade wenige. Dass man dem Mann auch noch eine Plattform bietet, seinen geistigen Dünnschiss in Deutschland zu verbreiten, passt so richtig ins Gesamtbild unserer Republik. Was für eine Fahne sollen wir uns denn in Zukunft zulegen? Eine Rote, eine Schwarze oder doch lieber eine Weisse.

  3. Robert sagt:

    Wenn der „liebe Gott“, pardon Gottlieb ab und an einen ARD-Brennpunkt macht, bleibt kein Auge trocken. Gottlieb und der BR: Die Schwärzesten unter den Schwarzen.

    Ulrich Wilhelm ist Intendant des BR. Darüber schrieb Bernd Gäbler im Stern:

    „Die gezielte Platzierung des bisherigen Regierungssprechers in eine öffentlich-rechtliche Schlüsselposition, in der Ulrich Wilhelm später dann auch turnusmäßig Sprecher der ARD wird, ist und bleibt einzigartig und dreist.“

    Der Link dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Wilhelm

    Weitere Fragen?

  4. humorlos sagt:

    Wer hätte gedacht das unsere öffentlich Verächtlichen jemanden finden der beim medialen Niveau-Limbo sogar Jörg Schönenbohm (https://www.youtube.com/watch?v=KsrKvwAVFqE) schlägt? Das Interview ist ein Lehrstück zur Unterscheidung zwischen Journalismus und Hofberichterstattung.

  5. Johannes Streck sagt:

    Werter Altermann,

    wie dieser dicke Mann mit der grotesken weißen Frisur komplett heißt, wußte ich bis heute nicht, ehrlich! Warum? – Weil ich immer sofort weitergezappt habe, wenn der auf dem Bildschirm auftauchte. Ähnlich, wie der legendäre adlige Kommentator vom „Schwarzen Kanal“ in der Täteräh auch nur als Karl-Eduard von Schnit bekannt war.

    Das Gottli hat ja auch noch so ein Ding an der immer wichtig im Luftraum rudernden Hand, was gemeinhin als „Spiegelring“ verspottet wird. Wenn man jetzt noch den Mark und den Schrö oder auch den Trum und den Holla dazunimmt, dann hat man schon eine statistische Signifikanz, die ich auch im privaten Bekanntenkreis feststelle: Männer die es so wichtig und aufwendig mit ihren Haaren (Formgebung, Färben, Fönen, Legen etc.) haben, wollen damit meist einen irreparabel kapitalen Schaden unter dem Dach verdecken.

    • MichaelJ sagt:

      Danke für den Hinweis!

      Das wird lustig werden, wenn er dem neu gewählten Präsidenten (nicht Präsidentin) gegenüber sitzen darf und sein erstes Interview halten.

      Wird es doch eine Präsidentin schicken wir ihn auch rüber zu ihr, da trifft sie – wird sie seiner angesichtig – der endgültige Schlag. Schließlich leidet sie schon lange unter Paranoia. Ziemlich lange die Reihe der Stalker, die ihr nachstell(t)en: die Monica, der Bashar, Wladimir nicht zu vergessen. Es gibt ja auch ein paar, deren sie sich glücklicherweise entledigen konnte. Bernie, der zum an ihrer Wade juckenden Pinscher mutierten Wadenbeißer, der mit dem (ihrem?) Bajonett im Hintern nicht mehr aufwachende Muhamad.

      Und jetzt? Kaum glaubte sie, ihn endlich los zu sein – den Donald, taucht sein bayrisches Double bei ihr auf. Bleibt ihr denn gar nichts erspart?

  6. Filer sagt:

    So weichgespült (nicht nur sein Haar) wie in dem „Interview“ mit Erdogan kennt man ihn gar nicht. Denn Gottlieb (nomen est omen?) kann auch ganz anders, vor allem, wenn er alleine im Studio ist: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/sigmund-gottlieb-was-wir-jetzt-wissen-wollen-12847485.html.
    Der von mir früher sehr gern gelesene „Eulenspiegel“ hat ihn sich auch mal herausgepickt: http://www.eulenspiegel-zeitschrift.de/index.php/auslese/2085-am-rand-des-kollapses–aus-heft-92015. Gut getroffenes Porträt- in Wort und Bild, wie ich finde:-).

  7. MichaelJ sagt:

    Es sollte bedacht werden, dass der „Liebe Gott“ einen wichtigen Parteiauftrag hatte. Musste er doch die „Atmossphäre“ glätten zwischen den Staatsparteien CSU und AKP, die dank Dr.prag Sven Scheuer – Generalsekretär seines Zeichens – letzte Woche bei Illners so maßlos belastet hatte. Der AKP-Kasper kam kaum von einem Herzkasper zum nächsten. So was muß ein siegreicher Sultan-Vertreter sich nicht bieten lassen. Und so war eine devote Entschuldigung fällig, am besten eine, bei der sich der Osmanenherrscher gepflegt seiner freiheitlich-demokratischen Gedanken entledigen kann. Und wer wäre da besser geeignet als Klein-Gottfried!

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